Aufbrechen und Ankommen - Freiwillige erzählen

GEMEINSAM ANKOMMEN

Vor kurzem hat mein Freund Jan mir folgende Idee erzählt, die er auf einem Seminar gehört hat. Die Idee zu dieser Geschichte ist also geklaut. 

Stell dir einmal vor, es wird ein Rennen veranstaltet. Das Ziel besteht darin, dass alle gemeinsam ankommen. Zeitgleich. Das Ganze bleibt ein Rennen, weil der Schnellste ja offensichtlich als Letzter losrennt, um gemeinsam mit dem Langsamsten anzukommen.

Was für eine geniale Idee. Und noch genialer finde ich die ganzen Implikationen, die das mit sich bringt. Viele davon sind offensichtlich, und noch viel mehr habe ich noch gar nicht entdeckt oder bedacht, weil die ganze Idee einfach so komplett anders ist, als wie wir sonst unser Leben gestalten.

Und für meinen Glauben haben diese Gedankenspiele, die seit dem Gespräch mit Jan in meinem Kopf schwirren, auch eine ganz spannende Bedeutung. Immerhin vergleicht Paulus unsere Nachfolge an einer Stelle der Bibel mit einem Rennen. Wenn man dabei aber vor Augen hat, dass es womöglich darum geht, dass ALLE ankommen und dann auch noch GLEICHZEITIG, dann stellt das ALLES auf den Kopf. KEINE und KEINER wird überholt. Der LANGSAMSTE führt das Feld an. Bis zum Schluss. TEMPO hat wahrscheinlich nur für die GANZ SCHNELLEN, GANZ AM ENDE DES FELDES eine wirklich große Bedeutung. Und enorm wichtig wird es, sich mit dem Tempo der ANDEREN auseinanderzusetzen und sich entsprechend selbst einzuschätzen. Und wahrscheinlich gibt es in dem Rennen unglaublich viele neue Bestzeiten. Da werden LANSAMERE von SCHNELLEREN nur eingeholt und dann zu einer neuen Bestleistung MITGEZOGEN. Da rufen die SCHNELLEREN schon von WEITEM den LANGSAMEREN zu, dass sie im Anmarsch sind und man sich bald gegenseitig MITREIßT. Und da sind die wirklich AMBITIONIERTEN, die zu spät loslaufen und plötzlich spüren, dass sie manchmal vielleicht BREMSEN. Vielleicht laufen sie noch schneller, weil sie spüren, wie es ist HINTERHERZUHINKEN. Vielleicht werden sie GNÄDIGER und GEDULDIGER. Am unglaublichsten stelle ich mir das Gefühl vor, wenn man GEMEINSAM die Zielleine durchreißt. ALLE ZUSAMMEN. Die Freude und das WIR-GEFÜHL, jenseits von der persönlichen LEISTUNG, müssen unglaublich sein. LANGSAME könnten gemeinsam zu NEUEN HELDEN gemacht werden, bei einem gemeinsamen Zieleinlauf. Bestimmt ÜBERBIETET das ALLES, was bisher da gewesen ist …

Warum schreibe ich das als Einleitung zu einem Buch, in dem Freiwillige ein Blitzlicht aus ihrem Erfahrungsschatz, den sie im Ausland gesammelt haben, mit uns teilen? Weil ich überzeugt davon bin, dass wir das Leben gemeinsam meistern müssen. Unsere Unterschiedlichkeit (zum Beispiel im Umgang mit Zeit und Leistung) ist ein Ausdruck von Schönheit. Weil ich glaube, dass wir radikal umdenken müssen, wenn wir Reich Gottes gemeinsam gestalten wollen, und weil ich glaube, dass der ERSTE der LETZTE sein wird.

Lasst uns darauf hoffen, dass am Ende alles gut ist, weil wir alle gemeinsam ankommen werden.

Matze Dichristin

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